Seemannsgarn – November 2017
Mit dem Kiel erhält ein Schiff seine Identität, er ist der Grundbaustein, das Rückgrat das alles stützt.So verwundert es nicht, dass auch bei MARABU dem Neubau des Kiels eine besondere Ehre zu Teil wird: Aus bestem afrikanischem Sipo-Mahagoni entsteht das erste neue Stück der Restaurierung.
Fest, widerstandsfähig gegen Witterung und schwer ist das Holz, das sauber aufgetrennt, exakt gehobelt und dann in Brettern aufeinander verleimt bereits Ähnlichkeiten mit dem alten – mittlerweile ausgebauten – Totholzkiel der Yacht hat.
Ein ganzer Stamm hat für Kiel und Achtersteven sein Leben lassen müssen, ein Umstand der bereits vor Jahrhunderten die Fantasie der Menschen im Nord- und Ostseeraum angeregt hat. Auch heute noch werden die Legenden um den kleinen Schiffs-Kobold in vielen Variationen erzählt:
Stirbt ein Kind vor der Geburt oder Taufe, geht seine Seele in einen Baum über und es lebt fortan als Baumgeist fest verbunden mit diesem. Wenn dieser Baum nun für den Schiffsbau gefällt wird, so verlässt das Fabelwesen seinen Platz nicht, sondern geht auf das erbaute Schiff über.
Als guter Geist hilft der Klabautermann dem Kapitän mit sagenhaften seemännischen Fähigkeiten in Sturm oder Untiefen, unterstützt die Matrosen bei ihren schweren täglichen Verrichtungen und macht durch nächtliches Klopfen den Schiffszimmermann auf schadhafte Stellen aufmerksam. Aber er treibt auch gerne Schabernack. Manchem Faulpelz soll er schon mit Tritten und Knuffen auf die Sprünge geholfen haben. Wer ihn ärgert, bekommt seien Zorn zu spüren.
Einem fähigen Kapitän, der auf Schiff und Mannschaft Acht gibt, ist der Klabautermann treu ergeben. Immer liegt ihm das Wohl seines Schiffes am Herzen. Der Mannschaft zeigt er sich jedoch nur in höchster Not – wenn auch er nicht mehr helfen kann – kurz bevor er von Bord geht: Ein Zeichen für den sicheren Untergang.
„Wenn er klopft, bleibt er – wenn er hobelt, geht er“ haben sich die Seefahrer früherer Zeiten erzählt.
In unserer modernen Welt hat man dafür offenbar eine weit weniger fabelhafte Begründung gefunden: Klopfende und hämmernde Geräusche sollen bei einem Segelschiff aus Holz im Seegang das normale „Arbeiten“ intakter Teile anzeigen.
Schabende Laute – ähnlich einem Hobel der durch Holz gleitet – hingegen zeugen angeblich von schwerwiegenden Schäden durch faules Holz im Bereich von Totholzkiel und Unterwasserschiff.
In einem solchen Fall sind Mannschaft und Kapitän gut beraten eiligst den nächsten Hafen anzulaufen um das Schiff im Trockendock zu sanieren. Immer wieder wurde diese Warnung aber vor allem in der Handelsschifffahrt durch Zeitdruck und Profitgier „in den Wind geschlagen“ – häufig mit fatalen Folgen für die Menschen an Bord.
Vielleicht sollte auch der neue Kapitän der MARABU immer eine kleine Schale Milch und einen Schluck Rum bereitstellen – nur für den Fall, dass in diesen alten Sagen doch ein kleiner Funke Wahrheit steckt.