Mission erfüllt – June 2024
Lautlos gleitet die MARABU an diesem schwül-warmen Sommernachmittag über den Untersee. Kaum ein Windhauch ist zu spüren und dennoch sind ihre Segel leicht gefüllt und bewegen sie wie von Geisterhand über das ruhige Wasser. Ihre klassischen Linien, das glänzende Holz und die für diesen Teil des Sees gigantischen Ausmasse der Yacht ziehen bewundernde Blicke von anderen Booten auf sich.
Schon im Nächsten Jahr ist der Transfer an die Ostsee mit einer anschliessenden längeren Reise geplant. Mittelfristig möchte der Eigner mit der MARABU zu den Anfängen seiner Segelkariere vor fast 60 Jahren im Mittelmeer zurückkehren.
Am 11. Mai 2024 wurde der erfolgreiche Abschluss der Restaurierung und damit die Übergabe an ihn im Hafen der Werft mit einer Taufe auf den alten Namen MARABU gefeiert.
Nicht nur die Familie und zahlreiche (Segel-) Freunde des Eigners waren anwesend, sondern auch eine Delegation des MARABU Sailing Clubs aus Grossbritannien. Über all die Jahre, die seit dem Verkauf der MARABU vergangen waren, haben dessen Mitglieder Kontakt zueinander gehalten, sich regelmässig getroffen, um ihre Erinnerungen lebendig zu halten. Einige der ehemaligen Segler verfolgten den langen Restaurierungsprozess voller Hoffnung, dass ihre geliebte Yacht irgendwann wieder in See stechen würde.
Manche von ihnen sendeten Geschichten und Fragen, die nicht zuletzt beim heutigen Eigner auf fruchtbaren Boden fielen. Ein reger Austausch begann, aus dem mittlerweile eine Freundschaft mit regelmässigen Besuchen erwachsen ist.
Entstanden ist MARABU, um Krieg zu führen. Als Wiedergutmachung wurde sie in das Land des damaligen Feindes gebracht. Durch ihre Rückkehr nach Deutschland scheint es fast, als hätte sie ihre Mission gefunden, Segler und Liebhaber klassischer Yachten über Landesgrenzen und Generationen hinweg miteinander zu vereinen. Den Mitgliedern des MARABU Sailing Clubs gab der neue Eigner am 11. Mai 2024 das Versprechen, dass sie und ihre Familien jederzeit an Bord der MARABU willkommen sein werden.
Auch für mich hat sich heute ein Traum erfüllt. Acht Jahre habe ich die Arbeiten an diesem 100er Seefahrtskreuzer mit der Kamera begleitet und hoffentlich mit meinen in Bildern und Worten festgehaltenen Eindrücken immer wieder Menschen erfreut. Unter Segeln an Bord der MARABU sein zu dürfen ist ein besonderes, unvergessliches Erlebnis, denn meine Mission ist mit dem heutigen Tag abgeschlossen.
Während ich die Atmosphäre auch unter Deck auf mich wirken lasse, fällt mein Blick im Salon auf ein Schwalbennest, in dem eine Schale mit frischen Äpfeln angerichtet wurde. Ein kleines Detail an der Rückwand hat meine Aufmerksamkeit erregt: Ein neuer Spant und ein Spant im Originalzustand verlaufen hier etwas versteckt aber trotzdem gut sichtbar auf Augenhöhe direkt nebeneinander.
Vergangenheit und Zukunft sind auf X10 MARABU untrennbar miteinander verbunden.