Kupfer – April 2022

Laute Hammerschläge sind seit Tagen auch vor dem Werfttor deutlich zu hören. Der Aufenthalt in der weiträumigen Halle ist nur mit Gehörschutz erträglich.

Etwa 3500 – 4000 Kupfernieten werden benötigt, um Spanten und Planken fest miteinander zu verbinden. Diese tagelange «Nietenparty» ist ein Fall für die Auszubildenden Lennart und Leon, die derzeit im ersten und zweiten Ausbildungsjahr bei Martin Yachten das traditionelle Bootsbauhandwerk erlernen.

Lennart hat die körperlich schwere Arbeit auf der Aussenseite übernommen. Nach dem Einschlagen der Nieten in die durch Planken und Spante vorgebohrten Löcher greift er zum 15 kg wiegenden Gegenhalter um diesen gegen den Nietköpfe zu stemmen. Leon legt inzwischen von innen jeweils eine Nietscheibe über die überstehenden Teile der Nietnägel. Mit kräftigen Hammerschlägen auf den darauf gesetzten Nietzieher vertreibt und staucht er die Verbindungen gegen den Gegenhalter und spannt Planke und Spant gegeneinander. Von aussen werden die Löcher später verpfropft, innen versäubert Leon die Oberflächen mit einem konkaven Kopfmacher.

Damit immer der richtige Nagel auf den Kopf getroffen wird, arbeiten sich die beiden innen und aussen Spant für Spant von oben nach unten vor, während sie sich durch Bordwand und Ohrstöpsel hindurch knappe Kommandos zurufen.

Lennart stehen die Schweissperlen auf der Stirn, ein Fitnessstudio brauche er nicht meint er und lacht trotz aller Anstrengung. Er freut sich, schon am Beginn der Ausbildung an diesem besonderen Projekt mitwirken zu können.

Es ist nicht das Schiff, das durch das Schmieden der Nägel und Sägen der Bretter entsteht. Vielmehr entsteht das Schmieden der Nägel und Sägen der Bretter aus dem Drang nach dem Meere und dem Wachsen des Schiffes.

Antoine de Saint-Exupéry,

1948 posthum «Die Stadt in der Wüste» (franz. «Citadelle»)